Luigi Pareyson ist bislang im deutschsprachigen Raum wenig bekannt, obwohl seine Werke in viele Sprachen übersetzt wurden, da er zweifellos neben Hans-Georg Gadamer und Paul Ricoeur zu den Begründern der modernen philosophischen Hermeneutik gehört. Aufgrund seiner intellektuellen Vielfältigkeit hat er viele seiner Schüler, zu denen Umberto Eco und Gianni Vattimo gehören, inspiriert und ihnen ein breites Spektrum eröffnet, das von idealistischen Ansätzen über die Hermeneutik bis zur ästhetischen Theorie reicht..
Der Band liefert eine vielfältige, zugleich aber in sich kohärente Skizze wichtiger Motive seiner Philosophie: die Hauptzüge seiner Fichte- und Schelling-Interpretation, die Grundlagen seiner ,,Ontologie der Freiheit“, seine philosophische Hermeneutik der religiösen Erfahrung, die Grundlinien seiner Ästhetik und schließlich Überlegungen, die die soziale Funktion betreffen, die der Philosophie zukäme. Wie ein roter Faden zieht sich durch alle diese Beiträge eine intellektuelle Haltung des Staunens. Es ist die Haltung eines Nicht-völlständig-Begreifens angesichts des menschlichen Daseins und seiner Freiheit, des Bösen in der Geschichte, des Phänomens der überschwänglichen Schönheit, der Deutungskraft des Mythos, der unvermeidbaren Andersheit des Anderen und des Ichs selbst. Und es ist genau dieses Staunen, das die Menschen – seit den Anfängen bis heute – zum Philosophieren veranlasst.
»Mit diesem Werk hat Gianluca De Candia seiner wertvollen Vermittlungsarbeit zwischen der italienischen und deutschen Philosophie einen weiteren Baustein hinzufügt.« (Gianni Vattimo).
Gianluca De Candia, geboren 1983, hat in Bari und Rom Katholische Theologie und Philosophie studiert und wurde 2011 an der Universität Gregoriana promoviert. 2017 hat er sich im Rahmen eines Alexandervon- Humboldt-Fellowships an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Fach Philosophische Grundlagenfragen der Theologie habilitiert. Seit 2018 fördert die DFG sein Forschungsprojekt zur neueren italienischen Philosophie, namentlich der Schule von Luigi Pareyson.
Indice
GeleitwortIX von Gianni Vattimo und Giuseppe Riconda | ||
EINLEITUNG Luigi Pareysons Leben und Werk im UmrissXIII von Gianluca De Candia | ||
1. | Leben XV | |
2. | WerkXVII | |
2.1 | Übergang vom Existenzialismus zum ontologischen PersonalismusXVII | |
2.2 | Vom ontologischen Personalismus zur Hermeneutik des UnerschöpflichenXX | |
2.3 | Von der Hermeneutik des Unerschöpflichen zur Ontologie der FreiheitXXIV | |
3. | Wirkung: Der Einfluss Pareysons auf die gegenwärtige Philosophie in ItalienXXXII | |
3.1 | Umberto EcoXXXII | |
3.2 | Gianni VattimoXXXVI | |
3.3 | Ugo PeroneXXXIX | |
3.4 | Claudio CiancioXLIII | |
3.5 | Sergio GivoneXLVII | |
LUIGI PAREYSON VOM STAUNEN DER VERNUNFT | ||
KAPITEL 1: ZWISCHEN IDEALISMUS UND REALISMUS Die Wahl der Philosophie nach Fichte | ||
1.1 | Ein missverstandenes Wort Fichtes3 | |
1.2 | Die Haltung des Realismus und des Idealismus und deren Unterscheidung7 | |
1.3 | Der Anfang des Philosophierens als realer Akt der Freiheit16 | |
1.4 | Der Idealismus als Philosophie der Freiheit21 | |
KAPITEL 2: ZWISCHEN NEGATIVER UND POSITIVER PHILOSOPHIE Das Staunen der Vernunft nach Schelling | ||
2.1 | Der Übergang von der negativen zur positiven Philosophie29 | |
2.2 | Die rationale Ekstase und das Staunen der Vernunft30 | |
2.3 | Ohnmacht, Verstummen und Unterwerfung der Vernunft31 | |
2.4 | Staunen und Bewunderung33 | |
2.5 | Die Vernunft gegenüber dem intransitiven, unzweifelhaften, unvordenklichen Sein35 | |
2.6 | Teoplektischer Charakter der frühen Menschheit und Stumpfheit der Vernunft36 | |
2.7 | Religiöser Schauer und schläfriges Bewusstsein37 | |
2.8 | Kants Abgrund der Vernunft und der Schauder des Seins39 | |
2.9 | Von der Kontinuität und Diskontinuität zwischen den beiden Philosophien41 | |
KAPITEL 3: ZWISCHEN NOTWENDIGKEIT UND NICHTS Die Philosophie der Freiheit | ||
3.1 | Der Abgrund der Freiheit und die Grundfrage: Heidegger und Schelling47 | |
3.2 | Die ursprüngliche Bindung zwischen Freiheit und Nichts50 | |
3.3 | Die Freiheit als Anfang und Wahlentscheidung53 | |
3.4 | Möglichkeit und Wirklichkeit des Bösen56 | |
3.5 | Erlösender und enthüllender Wert des Leidens58 | |
KAPITEL 4: ZWISCHEN MYTHOS UND PHILOSOPHIE Die religiöse Erfahrung und die Philosophie | ||
4.1 | Der Gott der Philosophen 63 | |
4.2 | Der Begriff der Transzendenz 67 | |
4.3 | Transzendenz der Natur, des Moralgesetzes, der Vergangenheit, des Unterbewusstseins 68 | |
4.4 | Transzendenzerfahrung 71 | |
4.5 | Transzendenz und Göttlichkeit 74 | |
4.6 | Poetische Symbole und anthropomorphe Mythen 76 | |
4.7 | Die Angemessenheit des tautegorischen Symbols 79 | |
4.8 | Die Untrennbarkeit von Stofflichkeit und Transzendenz 81 | |
4.9 | Die Unerschöpflichkeit der Transzendenz: Symbol und Metapher 84 | |
4.10 | Unsagbarkeit der Transzendenz: Symbol und Begriff 86 | |
4.11 | Der unverfälschte und der falsche Anthropomorphismus 88 | |
4.12 | Gott als Freiheit: göttlicher Arbitrarismus 93 | |
4.13 | Sich-Wählen und Gewählt-Werden 99 | |
KAPITEL 5: ZWISCHEN ONTOLOGIE UND ÄSTHETIK Betrachtung des Schönen und Produktion von Formen | ||
5.1 | Interpretation und Betrachtung des Schönen 103 | |
5.2 | Der produktive Charakter der Interpretation 106 | |
5.3 | Die formgebende Tätigkeit 108 | |
5.4 | Die formgebende Dynamik im Produktionsgeschehen 109 | |
5.5 | Die formgebende Dynamik im Interpretationsgeschehen 112 | |
KAPITEL 6: ZWISCHEN UNIVERSALITÄT UND GESCHICHTE Die Sozialität der Philosophie | ||
6.1 | Der dialogisch-personale Charakter des Denkens 117 | |
6.2 | Die Universalität der Philosophie als Zeichen der Freiheit 118 | |
6.3 | Risiko: Kommunikation ohne Wahrheit 120 | |
6.4 | Chance: Universalität am Beispiel der Kunst 123 | |
Nachworte | ||
Pareyson und das Staunen der Vernunft Anmerkungen zu seiner Schellinglektüre 127 von Claudio Ciancio | ||
Zwischen aut-aut und et-et Die Philosophie von Luigi Pareyson 133 von Ugo Perone | ||
Textnachweise 139 | ||
Literaturverzeichnis | ||
Originaltexte 141 | ||
Übersetzungen 148 | ||
Literatur 150 |